Los gehts!

Zyklus_CE-Ordner

Zuerst kommt der Entwurf und dann die Herstellung deines Spielzeuges. Die Herstellung dokumentierst du bis ins kleinste Detail in deiner sog. „Technischen Dokumentation“.

Was sich die EU unter einer Technischen Dokumentation vorstellt, kannst du in diesem dicken Wälzer „Technical documentation guidance document“ (über das Auswahlmenü auf deutsch herunter ladbar) nachlesen. Ab S.13 ff in der Leitlinie wirds richtig interessant! Dort ist nämlich eine Vorlage drin und auf den folgenden Seiten wird beschrieben, wie es geht.

Du kannst dir mit Hilfe von Exel oder Word eine Prüftabelle individuell zusammenstellen, die du für jedes neue Produkt als Vorlage nutzt. Das erleichtert dir die Arbeit.

Stelle Dir vor, Du möchtest ein E-book, eine Anleitung für jemanden schreiben, der vorher noch nie ein Spielzeug gefertigt hat. Beschreibe jeden Handgriff, jede Naht, jeden Knoten (für Holz: jeden Sägeschnitt und Klebung) und begründe, warum du hier und dort eventuell doppelte Nähte, doppelte Verknotung (Verschraubung oder Verklebung) verwendest.

So, nun hast Du aufgeschrieben, wie oft du den Kopf deiner Puppe mit Stichen umrundet hast, hast festgehalten, welchen Stich du in der Nähmaschine benutzt hast und hast auch notiert, welches Material du benutzt hast und welches Werkzeug. Nun kommt Schritt 2, die Belastungs-Tests am fertigen Spielzeug.

Schritt für Schritt betreut durch den CE-Prozess

Nadja Lüders bietet CE-Beratungen und Kurse an. Als Expertin für Spielzeugsicherheit im DIN-Normungsgremium kennt sie sich bestens im Thema aus. Einmal im Quartal führt Nadja in einem 6-wöchigen, betreuten Online-Gruppenkurs Schritt für Schritt mit Vorlagen, Webinaren und Unterstützung durch den CE-Prozess. Als Mitglied erhältst du -10% Rabatt.

Prüfwerkzeuge

  • Federwaage bis mind. 10 kg mit einer Klemme
  • Babyfinger-Fühler, z.B. ein Chinastäbchen mit rundem Ende oder das runde Ende eines (lackierten) Buntstiftes
  • Verschluckzylinder
  • Stoßtest-Schablone (für starre Elemente an Babyspielzeug unter 10 Monate)
  • Gewicht von 1 kg mit einem Durchmesser von 8 cm, z.B. eine Gewichtscheibe oder einen Türstopper (z.B. von blomus) aus Edelstahl. Wichtig: das Gewicht muss eine plane Fläche für den Test haben. Lege zudem eine Stahlplatte unter!
  • Update 2018: ab Normenversion EN 71-1:2014+A12018 (Umsetzung ab 28.02.2019!) muss das Schlaggewicht lotecht geführt werden! Wir haben unsere Prüfwerkzeuge entsprechend geändert. In der Facebook-Gruppe findest du auch einen LIVE-Hack mit Bohrständer.

Alle Prüfwerkzeuge müssen immer ordentlich gereinigt werden. Bitte nehmt nicht irgendwelche alten rostigen Klemmen aus Opas Werkstatt! Die Prüfwerkzeuge kosten nicht die Welt und sind eine einmalige Anschaffung. 

DIN EN 71-1 – Mechanische Prüfungen

 

Zyklu_Test

 8.2 Verschluckprüfung/Stoßprüfung:

  • mit Hilfe der Schablonen und dem Verschluckzylinder wird geprüft, ob Kleinteile zu klein bzw. zu lang/zu unflexibel sind. Dazu wird versucht, Kleinteile in den Verschluckzylinder zu schieben. Gelingt das in einer Richtung, dann ist das Kleinteil zu klein. Das Spielzeug ist für Kinder unter 3 Jahren NICHT geeignet.
  • Die Stoßprüfung wird mit einer speziellen Schablone (EN 71-1, Schablone A/B) gemacht.
    Beispiel: Bei einem Kuscheltier mit Karabiner wird der Karabiner in die Schablone gehalten. Schaut der harte Karabiner auf der Rückseite der Schablone heraus, dann ist das Spielzeug für sehr kleine Kinder nicht geeignet.

 8.4 Zugprüfung (Kleinteile):

  • die Kleinteile müssen einen Zug von 90 N aushalten. Wir klemmen also das Spielzeug mit einer Klemme an eine Federwaage und ziehen mit 90 N Kraft.
  • Umrechnung von Newton zu Kilogramm, siehe hier.

Alle Nähte, alle Kleinteile und alle Verbindungen müssen auf Zug getestet werden. Unser Mitglied Kullaloo hat uns ein Foto ihres Zugtest-Aufbaus zur Verfügung gestellt: dankeschön!

Zugprüfung Nähte/Gliedmaße:

  • Die Nähte sollten mit 70 N Zug getestet werden. Sollte eine Naht reißen dann kommt ein Bleistiftende oder ein abgerundetes Chinastäbchen zum Einsatz, damit sollte versucht werden, in das Loch zu kommen. Für diesen Test kann das Spielzeug zwischen zwei Klemmen geklemmt werden. Kommt man durch die Naht an das Füllmaterial und kann dieses nach außen ziehen (zugänglich machen!), muss die Naht dichter genäht oder das Füllmaterial in einen Beutel eingenäht werden.

8.3 Drehmomentprüfung:

  • Kleinteile oder lockere Teile, wie z.B. Knöpfe, bzw. Teilen ohne Gewinde – werden gedreht, um zu testen, ob sie abfallen können und dadurch spitze Kanten, scharfe Ecken oder verschluckbare Kleinteile entstehen.

8.7 Schlagprüfung:

  • für den Schlagtest benötigst du ein Gewicht von 1 kg mit einem Durchmesser von 8 cm, dieses wird aus 10 cm Höhe auf das Spielzeug fallen gelassen. (Wichtig für Schnullerketten, Holzspielzeug und Kleinteile, die absplittern können!)

8.9 Einweichprüfung:

  • wichtig für Teile, die sich eventuell bei längerem Wasserkontakt lösen können, wie zum Beispiel: Aufkleber, Lackierungen/Bedruckungen, geleimte Verbindungen, Klebestellen.
  • Für eine Dauer von 4 min wird das Spielzeug in einen Behälter mit destilliertem Wasser bei Zimmertemperatur von (20 ± 5) °C vollständig untergetaucht. Das Spielzeug wird herausgenommen und 10 min bei ebenfalls Zimmertemperatur stehen gelassen. Das überschüssige Wasser wird abgeschüttelt. Der Prüfzyklus wird viermal durchgeführt.Wenn eines der abgelösten Teile vollständig in den in 8.2 (Zylinder für kleine Teile) beschriebenen Zylinder passt, ist das Spielzeug für Kleinkinder unter 36 Monaten nicht geeignet.

DIN EN 71-2 – Entflammbarkeit Prüfungen

 

Zyklus_Test_Brennpruefung

Für die Entflammbarkeitsprüfung haben wir bereits eine bebilderte Anleitung, die uns Jeannine Mann – annillis Puppenwelt – zur Verfügung gestellt hat: DANKE!

Wichtige Werkzeuge:

  • Feuerfeste Unterlage
  • Grillzange
  • Stabfeuerzeug, Bunsenbrenner
  • Zollstock, Massband
  • Stoppuhr, Uhr mit Sekundenzeiger
  • Foto- oder Filmkamera
  • Feuerlöscher, Wassereimer, Sand

Vorgaben und Vorschläge zur Brennprüfung

  • Es wird bei normalen Umgebungsgegebenheiten getestet (15C°-20C°/ 55-65% Luftfeuchtigkeit).
  • Die Prüfflamme sollte 2 cm groß sein. Ein gutes Stabfeuerzeug oder ein kleiner Bunsenbrenner sind ausreichend.
  • Das Prüfobjekt sollte 7 Std. in der vorgegeben Umgebung gewesen sein. Wind darf keiner wehen.
  • Bitte testet nicht in Wohnräumen, sondern am besten auf einem Grillrost im Garten oder in einer geeigneten Werkstatt. Testet auf einem feuerfesten Teller, einem Ofenblech oder auf Steinbodenplatten.
  • Stellt euch einen Feuerlöscher, Wassereimer oder Sand griffbereit, damit ihr im Notfall löschen könnt.
  • Am besten ist, ihr dokumentiert das ganze mit einer kleinen Videokamera, dann könnt ihr noch einmal genau, die Zeit stoppen.

DIN EN 71-3 – Migration bestimmter Elemente

Diese Europäische Norm legt Anforderungen an und Prüfverfahren für die Migration folgender Elemente aus Spielzeugmaterialien und Spielzeugteilen fest. Die Auflistung der Grenzwerte findest du in der Spielzeugrichtlinie.

Element

mg/kg

in trockenen, brüchigen, staubförmigen oder geschmeidigen Spielzeugmaterialien

mg/kg

in flüssigen oder haftenden Spielzeugmaterialien

mg/kg

in abgeschabten Spielzeugmaterialien

Aluminium

5 625

1 406

70 000

Antimon

45

11,3

560

Arsen

3,8

0,9

47

Barium

1 500

375

18 750

Bor

1 200

300

15 000

Kadmium

1,3

0,3

17

Chrom (III)

37,5

9,4

460

Chrom (VI)

0,02

0,005

0,2

Cobalt

10,5

2,6

130

Kupfer

622,5

156

7 700

Blei

13,5

3,4

160

Mangan

1 200

300

15 000

Quecksilber

7,5

1,9

94

Nickel

75

18,8

930

Selen

37,5

9,4

460

Strontium

4 500

1 125

56 000

Zinn

15 000

3 750

180 000

Organozinnverbindungen

0,9

0,2

12

Zink

3 750

938

46 000

Hinweis: Diese Grenzwerte gelten nicht für Spielzeug oder Spielzeugbestandteile, das/die beim Gebrauch durch seine/ihre Zugänglichkeit, seine/ihre Funktion, sein/ihr Volumen oder seine/ihre Masse jegliche Gefahr durch Saugen, Lecken, Verschlucken oder längeren Hautkontakt eindeutig ausschließt/ausschließen.

DIN EN 71-9 – Organisch-chemische Verbindungen

Die Anforderungen dieser Norm gelten nicht für Spielzeug und Spielzeugbestandteile, die bei bestimmungsgemäßem oder vorhersehbarem Gebrauch und unter Berücksichtigung des Verhaltens von Kindern wegen ihrer/ihres Zugänglichkeit, Funktion, Volumens oder Masse jegliche Gefährdung durch Saugen, Lecken oder Verschlucken oder längeren Hautkontakt eindeutig ausschließen.

Im Normalfall sollte der Spielzeugmaterial-Hersteller auf Schwermetalle testen (nach DIN EN 71-3 oder Bestätigung über das Nichtvorhandensein von Schwermetallen) bzw. die Beschränkungen in seiner Herstellung bereits berücksichtigen. Leider wissen viele Spielzeugmaterialanbieter gar nicht oder nur unzureichend über ihre Pflichten und die Anforderungen an Spielzeugmaterial Bescheid.

Daher: fragt nach und erinnert sie daran! Lasst euch Belege/Zertifikate/Bestätigungen über die Eignung als Spielzeugmaterial geben.

Die in DIN EN 71-9 betrachteten organischen Chemikalien lassen sich in folgende Gruppen unterteilen:

  • Lösungsmittel
  • Weichmacher
  • Konservierungsstoff
  • Monomere
  • Flammschutzmittel
  • Farbmittel
  • Biozide
  • Verarbeitungshilfsmittel

Die Norm ist anwendbar auf Spielzeuge oder Teile davon, die bei vorhersehbarem oder bestimmungsgemäßem Gebrauch über längere Zeit mit der Haut in Kontakt kommen, wahrscheinlich in den Mund genommen werden, oral aufgenommen werden können, mit den Augen in Kontakt kommen können bzw. organische Verbindungen enthalten, die inhaliert werden könnten.

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Verunreinigungen vermeiden!

Wir müssen zusätzlich darauf achten keine Verunreinigung in das Spielzeug/-material zu bringen. Auch die Lagerung/Aufbewahrung und Präsentation von Material und Spielzeug muss durchdacht sein. Verwendet nur geeignete Aufbewahrungen, wie z.B. Lebensmittelverpackungen und sorgt für eine gute Hygiene am Arbeitsplatz. Scharfe (giftige) Reiniger und giftige Insektenschutzmittel sind tabu.

Gefahrenanalyse/Risikobewertung

Überlege Dir:

  • Welche Gefahr könnte von Deinem Spielzeug ausgehen?
  • Was kann schlimmsten Falls passieren?
  • Wie könnte eine Fehlanwendung aussehen?

Erstelle dazu eine Exel-Tabelle oder ein Word-Dokument mit den Gefahren (z.B. mechanische Gefahren wie verschluckbare Kleinteile, vergessene Werkzeuge wie Nadeln, Beschädigung bei Versand…) in den unterschiedlichen Lebenszyklen (z.B. Material/Herstellung/Lagerung/Versand/Spiel) Deines Spielzeuges und Deine Maßnahmen (z.B. Normenanwendung/Gefahrenhinweis/Sichere Herstellung/Kontrolle), mit der Du die Gefahr minimierst/verhinderst.

Bewerte mindestens folgende Gefahren:

  • Mechanische/physikalische Sicherheit (EN 71-1)
  • elektrische Sicherheit
  • Entflammbarkeit (EN 71-2)
  • chemische Sicherheit (EN 71-3)
  • Hygiene (EN 71-1)
  • Radioaktivität

Tipp: ist eine Gefahr nicht zutreffend, z.B. „Radioaktivität“, dann liste diese trotzdem auf und vermerke „Materialien und Herstellung frei von radioaktiven Stoffen“.

Fehlerliste und Reklamationsliste

Für das gute Qualitätsmanagement in der Spielzeugherstellung ist das Anlegen einer Fehler-/ und Reklamationsliste vorgeschrieben. Zu jeder Konformitätserklärung und techn. Dokumentation gehört auch ein System für zukünftige Reklamationen. Eine einfache Möglichkeit, Reklamationen zu notieren, zu sammeln und auszuwerten z.B. in Form eines Word-Dokumentes reicht aus.

Hast Du doch einmal einen Rückläufer, dann notiert hier die Beanstandung und wie du dieser begegnet bist. Einzelfall oder Rückrufaktion? Hier muss es mit Gegenmaßnahmen notiert werden.

CE-Kennzeichnung: Was muß auf das Etikett?

Zu den Pflichten des Herstellers gehört es, folgende Angaben am Spielzeug direkt und fest anzubringen (Dies gilt bei Spielzeug, das nicht zu klein ist, um diese Angaben anzubringen):

  • CE-Kennzeichnung: direkt am Spielzeug anbringen. Achtung: Massvorgaben (> 5 mm) einhalten!
  • Name des Herstellers und vollständige ladungsfähige Anschrift: direkt und fest am Spielzeug anbringen auf dem CE-Etikett
  • Warnhinweise, falls notwendig: direkt am Spielzeug anbringen. Am sichersten auf einem extra Etikett fest mit eingenäht, eventuell bei den Waschangaben/Textilkennzeichnung. In der Manufaktur ist hier aber auch aus wirtschaftlichen Gründen ein „Beipackzettel“ möglich.
  • Auf den „Beipackzettel“: Hinweis, dass dieser für eventuelle Nachfragen aufgehoben werden soll + Herstelleradresse

Ideen zum Unterbringen der vielen rechtlichen Infos:

  • Modell- oder Seriennummer mit Wäschestift extra auf Wäscheetikett schreiben oder ein Pappetikett zum Abnehmen anbringen.
  • Webband mit allen Infos drucken lassen und zum Einnähen wie ein M falten. Beispiel: CE-Zeichen / Knick / Name-Adresse / Knick / Logo, Webadresse oder Warnhinweise / Knick / Pflegehinweise. So einnähen, dass ein „Minibuch“ entsteht mit 4 Seiten. 

Bitte schau auch in den Beitrag „CE-Etikett„, dort findest Du weitere nützliche Infos und die CE-Grafikvorlage zum Download.

Häufige Fragen

Wenn ich nun alles erkundet habe und mit meiner Dokumentation fertig bin. Kann ich die dann einem von euch zuschicken, damit mal drüber geguckt wird?

Antwort: Ja klar!

Das ist jedoch ein Aufwand, der nicht im Mitgliedsbeitrag enthalten ist. Bitte schaue doch auch auf der Beratungsseite, da hat Nadja Lüders extra ein paar Pakete für Mitglieder mit 10%-Rabatt geschnürt. Fragen kostet aber erst einmal nix: versprochen!