Erste Schritte

Erste Schritte auf dem Weg zur Spielzeugmanufaktur

  1. Spielzeugrichtlinie (2009/48/EG) und erläuternde Leitlinie durchlesen.
    Die Grundlage für alle Spielzeuge, die in Europa verkauft werden ist die europäische Spielzeugrichtlinie.
  2. Die 2. Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz lesen.
    Das ist die nationale Umsetzung der Spielzeugrichtlinie in deutsches Recht. Sie liest sich kompakter! Verkaufst du in Österreich oder der Schweiz, gelten dort eigene nationale Umsetzungen.
  3. Den CE-Prozess verstehen.
    Alle relevanten Links findest Du direkt in diesem Beitrag blau eingebettet.
  4. Kalkuliere und überlege dir genau, ob die Spielzeug- und Kinderprodukte-Herstellung wirtschaftlich für dich ist. Ein Businessplan hilft!
  5. Technische Dokumentation und die DIN EN 71 besorgen!
    Das ist viel Papierkram, aber du wirst danach verstehen, worum es eigentlich geht.
  6. Die für dein Spielzeug relevanten Teile der DIN EN 71 lesen.
    Entweder kannst du diese über den Beuth-Verlag kaufen (teuer) oder bei einer der Auslegestellen in deiner Stadt einsehen (nur lesen und nicht kopieren, die Verwendung ist nur zu wissenschaftlichen Zwecken erlaubt). Als Vereinsmitglied erhälst Du von uns einen Online-Normenzugang.
  7. In den Verein Wir machen Spielzeug e.V. eintreten.
    Die Normenbenutzung und Produkteinschätzung ist für Mitglieder kostenlos. Im ersten Jahr beläuft sich der Mitgliedsbeitrag für Kleinhersteller*innen auf 160,90 € (inkl. dt. MwSt.) für das aktuelle Kalenderjahr. Ab dem zweiten Jahr sind es 65,70 € (inkl. dt. MwSt.). Bist du nicht mehr Kleinhersteller, kontaktiere uns gerne für die Mitgliedschaft. Alle Informationen findest du auf der Anmeldeseite.
  8. Vorgaben auf die eigenen Produkte anwenden!
    Spielzeug und Kinderprodukte sollten schon in der Entwurfsphase so entwickelt werden, dass sie der Spielzeugrichtlinie nicht widersprechen. Materialien solltest du immer mit Rückfrage und Bestätigung der Einhaltung der Grenzwerte nach EN 71-3 einkaufen, um dir die nachträgliche Analyse zu sparen. Hilfe zur selbstständigen CE-Einordnung und Umsetztung findest Du in unserem Verein. Du kannst aber auch ein Prüfinstitut (TÜV/DEKRA/DVSI-Qualitätssicherung) mit der Erarbeitung der Konformitätserklärung und ggf. chemischen Analyse beauftragen.

Der CE-Prozess für dich erklärt

1. Die große Idee

Das Design ist das A und O beim Produkt. Gefällt den Kunden das Produkt nicht, lässt es sich nicht verkaufen.
(Gerhard Gollnest - Firmenchef Gollnest & Kiesel)

Du bist selbstständig und hast eine tolle Spielzeugidee? 
Die CE-Kennzeichnung kennst du, aber weißt nicht, wo du die Infos herbekommst?

Wir nehmen dich ein Stück an die Hand und erklären dir, wie es geht.

Deine Spielzeugidee sollte einzigartig sein. Das Design so ansprechend, dass es Kinder und Eltern gleichermaßen begeistert und die Konkurrenz denkt: wow, warum ist mir das nicht eingefallen?! 

Wichtig für den Erfolg deines Spielzeuges ist:

  • der Wiedererkennungswert durch das gute Design
  • die Qualität
  • das Preis-/Leistungsverhältnis
  • dein Durchhaltevermögen
  • die korrekte CE-Kennzeichnung
2. Skizze erstellen

Werde konkret: nimm dir deine Spielzeugidee vor und denke sie komplett durch.

Diese Fragen solltest du dir stellen:

  • Für wen soll das Spielzeug sein? Kinder unter 3 Jahre / Kinder über 3 Jahre.
  • Was ist der Spielzeugzweck? Babygreifling, Kuscheltier, Rollenspielzeug, Lernspielzeug...
  • Aus welchen Materialien soll dein Spielzeug sein?
  • Möchtest du es selbst herstellen oder herstellen lassen?
  • Wo möchtest du verkaufen?
  • Zu welchem Preis möchtest du es anbieten?
3. Die gesetzlichen Vorgaben

Diese Richtlinie gilt für Produkte, die – ausschließlich oder nicht ausschließlich – dazu bestimmt oder gestaltet sind, von Kindern unter 14 Jahren
zum Spielen verwendet zu werden (nachstehend „Spielzeuge“ genannt). (Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG - Kapitel I, Artikel 2 (1), Geltungsbereich)

Spielzeug muss der Beanspruchung beim Spielen standhalten.​ Es ist so zu gestalten und herzustellen, dass es bei Verwendung oder Gebrauch gesundheitlich unbedenklich ist. Beziehungsweise keine Körperschäden verursachen kann, wenn es verschluckt oder eingeatmet wird oder mit der Haut, den Schleimhäuten und den Augen in Berührung kommt.

Die CE-Kennzeichnung

Die CE-Kennzeichnung für Spielzeug ist gesetzlich vorgeschrieben. Sie alleine macht jedoch noch kein gutes Spielzeug. Sie ist die Voraussetzung, um dein Spielzeug überhaupt verkaufen zu können. Das CE-Kennzeichen ist kein Qualitätsmerkmal und hebt dich nicht von Mitbewerbern ab. Sie ist eine Selbstverständlichkeit mit der du nicht werben darfst.

Folgende Richtlinien musst du beachten:

  1. Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG
    Die Bewertung, ob dein Spielzeug mit der Spielzeugrichtlinie übereinstimmt, führst du mit Hilfe der Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG, den dazugehörigen Leitlinien und Normen vor (!) dem Verkauf durch. Den Link zur EU-Webseite (Richt-/Leitlinien) und zum Beuth-Verlag (DIN-Normen) findest Du am Ende dieser Seite. Hinweis: Die Richtlinie gilt nicht nur für neues Spielzeug. Auch wenn du altes Spielzeug maßgeblich veränderst, musst du die Sicherheit erneut prüfen.
  2. 2. ProdSG (Zweite Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz)
    Die 2.ProdSG setzt die europäische Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG eins zu eins in deutsches Recht um.
  3. LFGB (Lebensmittel-, Futtermittel- und Bedarfsgegenständegesetzbuch)
    Wichtige Regelungen zur Sicherheit von Spielzeug enthalten in Deutschland auch das LFGB. Spielwaren sind Bedarfsgegenstände im Sinne des LFGB und müssen so beschaffen sein, dass sie bei bestimmungsgemäßem oder vorauszusehendem Gebrauch die Gesundheit nicht schädigen.
  4. REACH (Anhang XIV und XVII)
    Grundsätzliche Stoffverbote bzw. Grenzwerte für Schadstoffe sind neben der Spiezeugrichtlinie im europäischen Chemikalienrecht, z.B. der REACH-Verordnung geregelt. Spielzeuge sollten keine besonders Besorgnis erregenden Stoffe (SVHC - Substances of Very High Concern) wie z.B. CMR-Stoffe (krebserregende, erbgutverändernde oder reprotoxische Stoffe) enthalten und müssen die REACH-Verordnung (EG) 1907/2006 einhalten. Die Liste der ECHA-Kandidaten (SVHC) wird von der ECHA (Europäische Chemikalienagentur) ständig aktualisiert. Als Hersteller muss man sich diesbezüglich ständig auf dem Laufenden halten.

Mögliche weitere wichtige Richtlinien sind:

  • Produktsicherheitsgesetz (allgemeine Sicherheit, z.B. auch für Grauzonen-Produkte)
  • Niederspannungsrichtlinie 2006/95/EG (Modelleisenbahn)
  • Richtlinie über die elektromagnetische Verträglichkeit: Richtlinie 2004/108/EG (ferngesteuertes Auto)
  • ElektroG (Entsorgung von elektrischen Spielzeugen)
  • POP Verordnung (persistente organische Schadstoffe)• Medizinprodukteverordnung (Wärmekissen, Kühlpads)

Folgende harmonisierte Normen musst du beachten:

Vorgaben, wie die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Spielzeug in der Praxis überprüft werden muss, geben die harmonisierten Spielzeugnormen der DIN EN 71 Reihe vor. Es gibt insgesamt 14 Teile. Bei vielen Spielzeugen sind nur die ersten 3 Teile relevant.

Zudem gibt es die harmonisierte Norm EN 62115 für elektronische Spielzeuge! Alle harmonisierten Spielzeugnormen sind im Amtsblatt der EU veröffentlicht.

Weitere Produktnormen, die für dein Spielzeug relevant sein können:

Es gibt noch weitere Produktnormen, die für dein Spielzeug relevant sein können wie z.B.:

  • DIN EN 12586 - Schnullerhalter
  • DIN EN 14682 - Kordeln, Bänder und Schnüre an Kinderkleidung (Verkleidungen, Kostümen)

Hinweis: Bei den hier genannten Vorgaben handelt es sich lediglich um Teilvorgaben der Spielzeugrichtlinie. Eine umfassende Darstellung der Vorgaben ist aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht möglich. Solltest Du  unsicher sein, welche genauen Vorgaben dein Spielzeug einzuhalten hat, ist eine dezidierte Prüfung erforderlich. Gerne beraten wir dich hierzu.

4. Das Material und die gute Lieferkette

Das A und O ist das gute Material! Kein tolles Spielzeug ohne gutes Material. Oder hast Du schon mal einen wirklich leckeren Kuchen ohne gute Zutaten gebacken?

Damit Du die chemische Sicherheit deines Spielzeuges gewähren kannst, solltest Du nur geeignete Materialien verwenden.

Du benötigst von Deinen Lieferanten eine schriftliche Bestätigungen über die Spielzeugeignung. Bei Spielzeug werden besonders hohe Anforderungen an die Schadstoffsicherheit gestellt. Hast du über deine Materialien keine Infos zur Spielzeugeignung, kannst du diese nicht ausreichend bewerten. Dann kann dir nur noch ein Test in einem Prüflabor weiterhelfen. Gerade chemische Prüfungen sind teuer und bergen immer die Gefahr, dass Inhaltsstoffe nicht überprüft werden, weil sie nicht bekannt sind.

Zudem musst du deine Serienfertigung sicher stellen. Wenn du nicht mit deinen Vorlieferanten zusammenarbeitest, wird das sehr schwierig. Das macht mitunter Chargenprüfungen nötig, die letztendlich deinen Materialeinkauf verteuern und somit unwirtschaftlicher machen.

5.-6. Sicherheit testen

Die Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG gibt die Mindestanforderungen an die Sicherheit von Spielzeug vor. Als Hersteller von Spielzeug bist du verpflichtet, dein Spielzeug hinsichtlich der mechanischen, chemischen Eigenschaften und seiner Brennbarkeit zu überprüfen. Dies kannst Du - im Rahmen der internen Fertigungskontrolle - mit Hilfe der harmonisierten Normen der Reihe DIN EN 71 machen.

In den EN 71 Normen sind konkrete Tests mit Grenzwerten beschrieben, die dir die Sicherheitsbeurteilung ermöglichen. Es gibt in der EU keine Drittprüfungspflicht für Spielzeug. Wenn du dein Spielzeug anhand der Normen herstellen und bewerten kannst, musst du es nicht zusätzlich von einem Prüflabor untersuchen lassen. Es gilt die sog. Konformitätsvermutung zur Spielzeugrichtlinie.

7. Die technische Dokumentation

Um Deine gute Herstellungsweise nachweisen zu können, musst Du diese dokumentieren. Die sog. Technische Dokumentation kannst du analog oder digital anlegen, musst sie jedoch für mindestens 10 Jahre aufbewahren. In der Spielzeugrichtlinie und der begleitenden Leitlinie steht genau drin, was die Dokumentation enthalten muss.

Diese Unterlagen gehören in die Technische Dokumentation​

  • ausführliche Beschreibung von Gestaltung und Herstellung, einschließlich 
  • Liste der in dem Spielzeug verwendeten Bestandteile und Materialien sowie die Sicherheitsdatenblätter für verwendete chemische Stoffe (erhältlich beim Lieferanten), die gemäß Artikel 18 durchgeführte(n) Sicherheitsbeurteilung(en)
  • Beschreibung des angewendeten Konformitätsbewertungsverfahrens
  • Kopie der EG-Konformitätserklärung
  • die Anschrift der Herstellungs- und Lagerorte
  • eine Kopie der Unterlagen, die der Hersteller einer gegebenenfalls beteiligten notifizierten Stelle übermittelt hat ​
  • Prüfberichte und eine Beschreibung der Mittel, mit denen der Hersteller die Übereinstimmung der Produktion mit den harmonisierten Normen sicherstellt, falls der Hersteller das Verfahren der internen Fertigungskontrolle nach Artikel 19 Absatz 2 durchlaufen hat und ​
  • Kopie der Unterlagen, die der Hersteller der notifizierten Stelle übermittelt hat, falls der Hersteller gemäß Artikel 19 Absatz 3 das Spielzeug dem Verfahren der EG-Baumusterprüfung unterzogen und das Verfahren der Konformität mit der Bauart durchlaufen hat. 

Die Technische Dokumentation vorzeigen

Auf begründetes Verlangen der zuständigen Marktüberwachungsbehörde hast du als Hersteller deiner zuständigen Marktüberwachungsbehörde gemäß § 17 Abs. 2 - 2. GPSGV innerhalb einer Frist von 30 Tagen die technischen Unterlagen oder eine Übersetzung der maßgeblichen Teile der technischen Unterlagen in deutscher Sprache vorzulegen. In begründeten Fällen, insbesondere wenn ein ernstes und unmittelbares Risiko vorliegt, kann die zuständige Marktüberwachungsbehörde eine kürzere Frist zur Vorlage der genannten Unterlagen setzen.

8. CE-Kennzeichnung

Das ist Dir jetzt bestimmt klar: ohne CE-Kennzeichnung darfst du dein Spielzeug nicht in Verkehr bringen. Du bist für die Qualität deines Spielzeuges verantwortlich, auch nach dem Verkauf. Die folgenden 3 wichtigen Angaben musst du fest an dein Spielzeug anbringen. Nur in bestimmten Ausnahmefällen kann die Kennzeichnung nur auf der Verpackung, einem Hangtag oder einer beigelegten Information erfolgen.

CE-Kennzeichnung

Mit der CE-Kennzeichnung zeigst Du direkt am Spielzeug, dass Du die Vorgaben einhälst und übernimmst die Verantwortung für eventuelle Fehler.

Herstellerangabe

Über deine Herstellerangabe kann ein Verbraucher oder eine Behörde mit dir in Kontakt treten. Du musst deine Post zustellfähige Adresse angeben. Die Webseite ist optional.

Die ID-Nummer

Die ID-Nummer gewährleistet die Rückverfolgbarkeit deines Spielzeuges, falls doch einmal ein Fehler auftreten sollte und Du ein Spielzeug zurückrufen musst. Um so wichtiger ist es, dass du deine Herstellung, deine Lieferanten, Materialien und Geschäftspartner sehr genau aussuchst.

9. Konformitätserklärung

Mit der EG-Konformitätserklärung bestätigst du als Hersteller (oder dein in der Europäischen Gemeinschaft niedergelassener Bevollmächtigter) rechtsverbindlich, dass dein Spielzeug alle Anforderungen der auf dein Spielzeug anwendbaren EG-Richtlinien erfüllt oder mit der Bauart konform ist, für die eine EG-Baumusterprüfbescheinigung ausgestellt wurde.

Die EG-Konformitätserklärung hat insbesondere Angaben zu enthalten über:
  • Name und Anschrift des Herstellers oder seines Bevollmächtigten,
  • Kurze Beschreibung des Produkts, inkl. farbiger Abbildung
  • die für das Produkt relevanten EU-Richtlinien/Verordnungen
  • bekannt gemachten harmonisierten oder anerkannten Normen,
  • Namen und Anschriften der Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen (bei Baumusterprüfung)
  • Name und Funktion der Person, die zur Unterzeichnung im Namen des Herstellers oder seines Bevollmächtigten ermächtigt ist.
  • Ausstellungsdatum
Welche Punkte eine Konformitätserklärung für Spielzeug enthalten muss, kannst du Anhang III der Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG entnehmen. Auf der EU-Webseite findest du Templates in allen EU-Amtssprachen.
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Sichere Produkte im Online-Handel

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit (BAuA) hat die Broschüre "Sichere Produkte im Onlinehandel: Wegweiser für Hersteller, Einführer und Händler" veröffentlicht. Die Broschüre erklärt Onlinehändlern und Herstellern sehr anschaulich die deutschen Vorgaben zur Produktsicherheit für alle Produkte. Ab Seite 23 ff. werden die besonderen Anforderungen am Beispiel Spielzeug erläutert.
Auch unsere hilfreichen FAQ werden in der Broschüre erwähnt.

Download BAuA-Broschüre

In der Online-Gruppe CE-Lernen

Unser Vorstand und CE-Beraterin, Nadja Lüders, bietet einmal im Quartal einen Online-Gruppenkurs für den CE-Prozess bei Spielzeugen an. Du erhälst eine Schritt-für-Schritt-Anleitung inkl. Vorlagen und Erklärwebinaren durch den kompletten CE-Prozess. In der angeschlossenen Facebook-Gruppe kannst du dich mit Nadja und anderen Teilnehmer*innen konkret zu deinem Spielzeug austauschen.